S eit 2018 graben die Jungen Archäologen der Altmark eine kaiserzeitliche Siedlungsfundstelle nahe Rockenthin (Altmarkkreis Salzwedel) aus. Die Fundstelle erstreckt sich auf einem sanften Südhang unterhalb eines Grundmoränenzuges und erstreckt sich schätzungsweise auf einer Fläche von 0,5-1,0 ha. Entdeckt wurde die Fundstelle zufällig bei einer Begehung durch den ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Enrico Fierke, der aufgepflügte Keramikkonzentrationen erkannte und mittels GPS einmaß. Die zahlreichen Funde deuteten bereits an, dass mit einer starken Gefährdung der archäologischen Bodendenkmäler durch die Landwirtschaft zu rechnen ist. Eine Rettungsgrabung zur Sicherung der Fundstelle wurde damit zum Hauptziel der Arbeiten der Jungen Archäologen.
Vorbereitendende Feldbegehungen fanden in Form einer Schulung von ehrenamtlichen Sondengängern im März 2018 statt. Neben allerlei Ackerschrott wurden römische Münzen und eine Scheibenfibel mit blauem und rotem Schachbrettemail der jüngeren römischen Kaiserzeit aufgefunden. Bei den gemachten Funden handelt es sich nicht um die ersten Belege einer Nutzung der Umgebung von Rockenthin dieser Zeitstufe. Unweit der Siedlungsfundstelle und des heutigen Ortes wurde bereits im 19. Jahrhundert ein Brandgräberfeld entdeckt, das ausweislich des Fundmaterials ebenfalls in die jüngere römische Kaiserzeit zu datieren ist.
Die Ausgrabungen im Sommer 2018 konzentrierten sich auf die durch Enrico Fierke lokalisierten Bereiche mit Scherbenkonzentrationen und schließen seither an die Grabungsflächen der jeweilig vorhergehenden Kampagne an, sodass die Fundstelle in der Fläche erfasst wird. Seitdem konnten mindestens zwei Grubenhäuser sowie mehrere Gruben bisher unklarer Primärfunktion, eine möglicherweise ehemals überdachte Arbeitsstelle (oder ein weiteres, dann jedoch sehr schlecht erhaltenes Grubenhaus) entdeckt werden, die aufgrund der keramischen Funde in die jüngere römische Kaiserzeit datiert werden. Sie bestätigen damit vorerst die durch die Emailscheibenfibel sowie die Funde des Brandgräberfeldes angedeutete Datierung in die fortgeschrittene Kaiserzeit. Der Fundplatz selbst erbrachte neben kaiserzeitlichen Befunden aber auch noch eine fundleere Gargrube (vermutlich eisenzeitlich) sowie zahlreiche Pfostengruben bislang unklarer Datierung, die sich aktuell noch nicht zu einer gemeinsamen Struktur rekonstruieren lassen. Die Auffindung zahlreicher langschmaler Feuersteinklingen unterschiedlicher Größe deutet zudem an, dass die vorgeschichtliche Nutzung des Areals weiter als bis in die Eisenzeit zurück reicht.
Die bisherigen Befunde lassen darauf schließen, dass der aktuell erfasste Teil der Siedlung eher einem handwerklichen Zweck diente. Im 2018 entdeckten und durch zwei moderne, tiefreichende Störungen stark zerstörten Grubenhaus fand sich an der Sohle neben einem verbogenen Draht(arm?)ring aus Buntmetall ein massiver Brocken Schlacke. Das Grubenhaus aus dem Jahr 2019 erbrachte zudem eine eingestürzte, aber nur zum Teil gebrannte Kuppel eines Lehmofens; das Fehlen von Steinen lässt den Schluss zu, dass es sich dabei nicht um einen Kuppelofen gehandelt haben kann, sodass der Primärzweck dieses Ofens vermutlich nicht das Heizen des Gebäudes gewesen ist. Auffällig ist zudem, dass auf dem gesamten Grabungsareal immer wieder größere Fragmente von Schlacke entdeckt worden sind.
Unter Zuhilfenahme geomagnetischer Prospektionen, die Ende 2021 dankenswerterweise durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalts durchgeführt worden sind, konnte festgestellt werden, dass das Areal zahlreiche weitere, archäologisch interessante Anomalien bereithält. Die fortlaufenden Ausgrabungen werden darauf aufbauend im Jahr 2022 zwei Ziele verfolgen: einerseits soll im südlichen Anschluss an die Grabungsfläche von 2021 angeknüpft werden, um die Theorie, dass in diesem Bereich die Siedlungsgrenze bereits erreicht wurde, zu überprüfen. Andererseits soll voraussichtlich ein Areal mit besonders herausstechenden, geomagnetischen Anomalien untersucht werden, die westlich der Hauptgrabungsfläche liegen.