Ausgrabung in Eile


Die Notbergungen

S eit Gründung des Vereins sind sogenannte Notbergungen ein fester Bestandteil in der Arbeit der Arbeitsgruppe. Durch Eingriffe ins Erdreich stößt man immer wieder auf Spuren unserer Vorfahren. Die 14-tägigen Ausgrabungen, die in jedem Jahr in den Sommerferien stattfinden, wurden sehr oft an den Rändern von Kieskuhlen durchgeführt. In der Zeit der DDR gab es zahlreiche Kies- und Sandkuhlen in den Dörfern. Diese wurden durch die Einwohner und die landwirtschaftlichen Betriebe genutzt. Durch den Kiesabbau kamen hier manchmal archäologische Funde zu Tage, die durch spielende Kinder oder Anwohner dem Verein gemeldet wurden. Um die sich noch im Boden befindlichen Funde zu sichern, wurden die sommerlichen Grabungen geplant und durchgeführt. So konnten 1973 in Tangeln ein Gräberfeld, 1976 – 1984 ein Friedhof in Wallstawe, 1986 – 1995 in Osterwohle ein Körpergräberfeld und noch einige andere Fundstellen an Sand- und Kieskuhlen ausgegraben werden. Diese Grabungen konnten relativ gut geplant und über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden.

Nun gibt es aber zahlreiche Bodenaufschlüsse, die kleinflächig und nur für eine kurze Dauer entstehen. Dies sind zum Beispiel Rohrleitungsgräben, Baugruben, Schachtarbeiten bei Straßen- und Wegebau oder auch Tiefpflug und Bodenbearbeitungsmaßnahmen. Wenn solche Eingriffe in das Erdreich durch einen bekannten Fundplatz gehen, wird vorher in dem zu störenden Bereich eine archäologische Untersuchung durchgeführt. So sollte im Jahr 2001 eine Fernwasserleitung in der Nähe von Vitzke durch eine 1894 entdeckte Fundstelle geführt werden. Im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle führte hier der Verein 2001 und 2002 eine Grabung durch, bei der eine frühmittelalterliche Siedlung angeschnitten wurde.

D urch einige Baumaßnahmen werden aber auch unbekannte Fundstellen entdeckt. Diese werden dann durch die Bauleute, Anwohner oder von Vereinsmitgliedern gemeldet, die in ihrer Umgebung auf Bautätigkeiten achten. So geschehen zum Beispiel 1999 als Hartmut Bock beim Vorbeifahren an der Baustelle des Radweges in Hanum eine dunkle Verfärbung entdeckte, die sich später als Grubenhaus herausstellte. Dann muss alles sehr schnell gehen. Die Baufirma wird informiert und muss an der Stelle die Bauarbeiten einstellen. Die Vereinsmitglieder werden benachrichtigt, es wird das nötigste Werkzeug zusammengestellt und nun kann vor Ort die Notbergung durchgeführt werden. Die Fundstelle wird eingemessen, die Funde und Befunde im Bereich der Baumaßnahme werden dokumentiert und geborgen. Dies geschieht an mehreren Abenden oder an Wochenenden. Es muss alles aber sehr zügig gehen, da die Bauarbeiten nicht zu lange gestört werden sollten. Manchmal wird es notwendig, die Grabungsflächen zu erweitern, um angeschnittene Befunde wie zum Beispiel Hausgruben zu erkennen. Dies geschah 1984 bei einem Rohrleitungsbau in Püggen, wo ein komplettes Wohnstallhaus ausgegraben werden konnte. In Rohrberg schloss sich 1978 sogar eine 14-tägige Sommergrabung an eine Notbergung an einem Gasleitungsgraben an.

In den Jahren nach 1972 haben die Mitglieder des Vereins sehr viele dieser Notbergungen zu verschiedensten Bedingungen und zu allen Jahreszeiten durchgeführt. Hierdurch unterstützen wir das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, da es verpflichtet ist, jeder Meldung eines Fundes nachzugehen und diese zu bergen. Auch gegenüber dem Verursacher (Bauherr, Baufirma, Landwirt...), der gesetzlich verpflichtet ist, Bodenfunde bergen zu lassen, können wir vor Ort schnell und unbürokratisch helfen. Ein Beispiel ist die Notbergung 2007 in der Nähe von Neumühle. Bei Baumpflanzarbeiten wurde so tief gepflügt, dass schwarze Verfärbungen zu Tage traten, die dem Verein gemeldet wurden. Bei einer kurzen Besichtigung wurden in den Verfärbungen Scherben gefunden. Eine Notbergung wurde notwendig. Da die Pflanzarbeiten durch finanzielle Förderungen nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen durften, musste schnell gehandelt werden. An einem Wochenende wurde mit dem Einsatz von ca. 20 Vereinsmitgliedern eine größere Fläche untersucht, so dass die Pflanzarbeiten danach gleich weiter gehen konnten.

Durch die zahlreichen Einsätze konnten sehr viele neue Fundplätze erforscht werden. Es war möglich, wichtige Funde zu bergen und so einige Fragen aus der Vergangenheit unserer Region zu beantworten. Für den Verein ist jede Notbergung wieder eine neue Herausforderung. Es ist aber auch immer wieder ein willkommener Grund gemeinsam im Boden nach interessanten Spuren unserer Vorfahren zu suchen.

DIE EINSÄTZE


  • 1972Apenburg, Umfelde

  • 1973Rohrberg, Stöckheim, Umfelde, Tangeln, Ahlum

  • 1974Rohrberg, Ahlum, Bierstedt, Püggen, Lüdelsen

  • 1976Rohrberg, Hohengrieben

  • 1977Immekath, Hohengrieben

  • 1978Stöckheim, Ahlum, Dankensen, Bierstedt, Hohenböddenstedt, Hilmsen

  • 1979Hohenböddenstedt, Rohrberg

  • 1980Ahlum, Lüdelsen

  • 1982Rohrberg, Tangeln, Stöckheim

  • 1983Tangeln, Dankenden, Wismar

  • 1984Püggen

  • 1985Kemnitz

  • 1986Osterwohle, Rohrberg, Tangeln, Bombeck

  • 1987Bierstedt, Osterwohle, Ahlum

  • 1990Dankensen

  • 1993Hilmsen

  • 1994Hilmsen

  • 1995Hilmsen

  • 1997Hilmsen

  • 1998Hanum, Hilmsen

  • 2000Tangeln, Beetzendorf

  • 2001Lüdelsen

  • 2004Apenburg, Dahrendorf

  • 2009Tangeln

  • 2012Dambeck

  • 2014Lüdelsen

  • 2015Dambeck, Ahlum, Mellin

  • 2016Lüdelsen, Chemnitz

  • 2019Arendsee

  • 2021Arendsee

  • 2022Arendsee