I
m Jahre 2oo2 wurde durch Dr. Uwe Vogt (†) vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vorgeschlagen, den durch Sandabbau gefährdeten eisenzeitlichen Fundplatz 6 (Brandbestattungen) und den kaiserzeitlichen Fundplatz 3 (Brandbestattungen) von Dahrendorf durch die Mitglieder des Vereins »Junge Archäologen der Altmark e.V.« weiter zu ergraben. An der Untersuchung vom 3o.o6.–11.o7.2oo3 nahmen zu unterschiedlichen Terminen insgesamt 4o Vereinsmitglieder teil.
Es zeigte sich zu Grabungsbeginn, dass der eisenzeitliche Bestattungsplatz (6) keine Gräber mehr erbrachte. Auf Fundplatz 3 wurde zwischen zwei »alten« Grabungskanten (Lothar Mittag 1991) ein Grabungsfeld eingemessen und in 1o Abschnitte von je 3 m x 5 m unterteilt, die anfänglich durch Stege getrennt waren. Das hanglagige Gelände, der aus grobem Kies bestehende Boden und der dortige Kiefernbestand erschwerten die Aus- grabungsarbeiten.
Die 1o Abschnitte erbrachten insgesamt 24 Grabkomplexe. Teilweise handelte es sich um die Überreste von Raubgrabungen oder um durch Wurzelwerk und Waldarbeiten stark zerstörte Gräber, die nur noch in Resten geborgen werden konnten. Der zugehörige Leichenbrand wurde noch vor Ort gesiebt, da er im Kies verstreut zwischen den Scherben lag.
Dabei kamen eine 2,5 cm lange Bronzenadel mit hohler, o,5 cm breiter Halbkugel als Kopf sowie ein kleines Stück eines Dreilagenkammes mit Kupfernieten zum Vorschein. Weitere Beigaben fanden sich nicht.
Die Gräber 1, 1o, 11, 14, 16, 18,19, 2o, 21 und 24 wurden in situ freigelegt und durch maßstabsgerechte Zeichnung (M. 1:2) dokumentiert. Verzierung und Form der Urnen wurden nach der Freilegung erfasst, wenn auch die Gefäße teilweise etwas zerdrückt waren. Sie hatten keinen Steinschutz und besaßen nur teilweise eine Abdeckung aus Rollsteinen. Eine Bodenplatte fehlte, alle Urnen standen frei im Kies. Sie hatten Risse oder waren zerscherbt.
Da bei der manuellen Entleerung der Urnen nicht alle metallenen Inventarteile erfasst werden können, weil sie oft bei der Verbrennung des Toten geschmolzen sind und nur noch als kleine Schmelzkugeln zwischen dem Leichenbrand auftreten, wurden die Gefäße vor der Entleerung geröntgt. Dabei konnten in den Gefäßen der Gräber 3, 1o, 16, 18, 2o, 21, 23 und 24 mehrere größere, aber auch mikroskopisch kleine zerschmolzene Metallstücke und Schmelzkugeln nachgewiesen werden, die auf die einstigen Ausstattungsstücke des Toten hinwiesen.
Dr. Bärbel Heußner (Berlin) führte eine Analyse des Leichenbrandes von allen 24 Gräbern und weiteren Befunden durch. Aufgrund der geringen Anzahl der Bestattungen können keine generellen Aussagen zum Durchschnittsalter, zum Geschlecht oder über eventuelle Krankheiten gemacht werden. Trotzdem ergibt sich für den kleinen Ausschnitt aus dem wohl ehemals weit größeren Gräberfeld ein interessantes Bild. Die Gräber 4, 5, 9 und 11 wurden nochmals in a und b geteilt, so dass mit 28 Gräbern zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass fünf Leichenbrände als Mehrfachbestattungen anzusprechen sind. Dazu zählen die Gräber 1, 17, 19, 2o und 21. Im Grab 1 wurden drei Individuen nachgewiesen. Von den insgesamt 33 bestatteten Personen konnten fünf als männlich, sieben als weiblich, aber 21 nicht genau geschlechtsbestimmt werden. Ursache hierfür ist die sehr geringe Menge an vorgefundenem Leichenbrand.
Die Untersuchung der 33 Individuen erbrachte folgende Altersstruktur:
Daraus ergibt sich, dass auf der untersuchten Fläche fünf Kinder, zwei Jugendliche und 24 Erwachsene bestattet wurden, von denen sechs Personen bereits das 6o.Lebensjahr überschritten hatten. Das Durchschnittsalter der Menschen des Bestattungsplatzes betrug ca. 38 Jahre.
Interessant erscheint, dass in mehreren Gräbern Reste von verbrannten Tierknochen auftraten. Die Tiere bzw. Teile davon wurden den Toten vor der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen mitgegeben. Sie belegen die Tierarten, die in den Siedlungen gehalten wurden:
Damit konnten in sechs von 24 Grabkomplexen Tierreste nachgewiesen werden, also in 25% aller Bestattungen. Es war also anscheinend durchaus üblich, dem Toten mitunter Tiernahrung auf den Weg ins Jenseits mitzugeben. Gleichzeitig wird die Haltung von Rind, Schwein, Schaf/Ziege in der dazugehörigen kaiserzeitlichen Siedlung bewiesen. Ob die genannten Vogelknochen zu dem damaligen Hausgeflügel Gans oder Ente zählen, konnte nicht bestimmt werden.
In den Gräbern fand sich nur wenig Ausstattung (meist nur Fragmente), was möglicher- weise auch auf die hohen Verbrennungstemperaturen zurückzuführen ist. Darauf deuten zahlreiche Metallteilchen hin, die im Röntgenbild zu erkennen waren. Folgende Beigaben wurden dokumentiert:
Von den 13 Gräbern, in denen noch Beigaben identifiziert werden konnten, fanden sich also in neun davon Kammreste.
Die meisten Gefäße lagen sehr flach unter der Oberfläche: In der Regel waren sie in einer Tiefe von 1o–26 cm anzutreffen, die Gräber 1o, 11, 12, 14, 16, 21 und 24 lagen 35–55 cm tief. Die Gefäße der letzteren waren zwar zerscherbt, aber noch identifizierbar, was bei den übrigen Gräbern nicht mehr in allen Fällen möglich war. Es handelt sich um folgende Gefäßformen:
Die Ausstattungsarmut, die Gefäßformen und die -verzierungen deuten auf den jüngsten Abschnitt der Römischen Kaiserzeit hin. Es ist zu vermuten, dass der untersuchte Teil des Urnengräberfeldes in das späte 3. bzw. 4. Jh. gehört. Die Schale von Grab 17 könnte sogar auf das beginnende 5. Jh. hinweisen. Bestätigt wird die späte Datierung durch das gänzliche Fehlen von Rollrädchenverzierungen.